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Geschichte der Glas- und Augenherstellung in Lauscha und wir

Glas ist in primitiver Form und mit gleichen Grundstoffen seit 4000 Jahren als Produkt bekannt. Die ältesten Zeugnisse der Glasherstellung auf deutschem Boden stammen aus dem Jahre 758. Ein englischer Abt namens Lutbert bittet in einem Brief an den Mainzer Bischof Lullo darum, ihm Glasmacher nach England zu schicken. Damit ist nachgewiesen, dass im buchenwaldreichen Spessartgebiet die ersten bekannten Glashütten gestanden haben. Wichtig war für die Glasherstellung das Vorkommen an Holz zum Schmelzen des Glases und zur Herstellung der Pottasche. Diese Voraussetzung war im 15. Jahrhundert überall in Deutschland gegeben, da riesige Wälder das Land bedeckten. Doch für die Glasherstellung mussten sich Vorkommen der übrigen wichtigen Grundstoffe Quarzsand und Kalk in unmittelbarer Nähe befinden, um Transportwege kurz zu halten. All diese Voraussetzungen waren in den Mittelgebirgen gegeben. Mit dem Einsetzen der Kultivierung der Waldgebiete entstanden neben Eisenhämmern und Papiermühlen auch neue Glashütten in diesen Gegenden.

Der Glasmacher Hans Greiner I., aus Ebersbach-Nassach in Schwaben stammend, wanderte im Jahr 1525 ins thüringische Langenbach bei Schleusingen aus. Ein Urenkel, Hans Greiner IV., sah sich gezwungen, wegen des Rückganges der Holzvorkommen und anwachsender Bevölkerungsdichte ins Tal der Lausche auszuwandern und gemeinsam mit dem Glasmacher Christoph Müller auf Pappenheimer Gebiet die Marktiegelhütte, Lauscha I. genannt, gebaut. Sie hatte nur wenige Jahre Bestand, da es zu einem Zerwürfnis mit den Herren von Pappenheim kam. Sie wandten sich deshalb an den Herzog Johann Casimir im Herzogtum Sachsen/Coburg mit der Bitte eine Glashütte erbauen zu dürfen. Die Konzession für die Glashütte Lauscha II. trägt das Datum vom 10.01.1597 und diese Glashütte wird als Mutterglashütte bezeichnet, da ausschließlich Glasmachermeister aus Lauscha in den folgenden Jahrzehnten entlang des Rennsteiges 20 Glashütten und somit auch Siedlungen gründeten. In der Mutterglashütte wurden im 17. und 18. Jahrhundert ausschließlich Fensterscheiben (allgemein als Butzenscheiben bekannt), Apothekerglas und Trinkgefäße für begüterte Bürger und die Fürstenhöfe gefertigt.
Auch in Lauscha entstanden, begünstigt durch die Erschließung der Kohlefeuerung, vier weitere Glashütten. Diese bildeten die Grundlage der Heimindustrie in Lauscha, da es dem Glasmacher Johann Georg Greiner um 1760 in der Dorfglashütte gelang, die ersten Glasröhren zu ziehen. Die Entwicklung machte sich notwendig, da die Einwohnerzahl zwischen 1781 und 1871 um das Fünffache anstieg und natürlich nicht mehr alle Einwohner in den Hütten Arbeit fanden. Auf Anregung des Glaswarenhändlers Johann Adam Greiner, welcher die Technik der Arbeit vor der Lampe im Rheinland kennen gelernt hatte, begann man mit dieser Arbeitsweise in Lauscha.

Der Begriff der ‘Arbeit vor der Lampe’ ist heute noch allgemein gebräuchlich. Die Glasröhren wurden mit einer Öllampe, welcher mit einem Lederbeutel Luft zugeführt wurde erhitzt und konnten nach Erweichen des Glases verformt werden. Natürlich entstanden mit dieser Technologie nur kleine und sehr wenige Artikel, vor allem Glasperlen. Mit Erfindung des Blasebalges etwa um 1820 begann die Entwicklung der Glasbläserei, da mit der kontinuierlichen und besseren Luftversorgung die Leistung zunahm.

Die unterschiedlichen Fertigungsmöglichkeiten bei lampengeblasenem Glas entstanden nach der Errichtung einer Gasanstalt im Jahre 1867. Einige Glasbläser fertigten statt der kleinen Glasperlen größere Glaskugeln und hängten sich diese an ihre Weihnachtsbäume und so wurde der Christbaumschmuck aus Glas geboren, der sich in seiner Vielfalt zu einem Symbol für einen festlich geschmückten Weihnachtsbaum entwickelt hat.

Man fand heraus, dass die neue Verarbeitungstechnik viel mehr Möglichkeiten der Glasveredelung bot und so begannen geschickte Glasbläser Natur und Umwelt in Glas zu gestalten.

Dabei handelte es sich anfänglich um private Freizeitgestaltung die jedoch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts dazu führten, dass im Raum Lauscha ca. 70 Familien Glasspielzeug für Sonneberger Verleger herstellten. In Anlehnung an Zinnfiguren wurden selbige aus Glasröhren geblasen, naturalistisch geformt und mit Leimfarbe naturgetreu bemalt.

Die meisten dieser Erzeugnisse dürften jedoch nie in Kinderhände gelangt sein, da sie sehr zerbrechlich waren und außerdem bereits billigeres Porzellanspielzeug angeboten wurde, wodurch dieser Erwerbszweig an Bedeutung verlor. Die Erwachsenen nutzten die Erzeugnisse tatsächlich als Raum- und Tafelschmuck.

Allerdings gewann die Herstellung von echtem Kinderspielzeug, wie z.B. Tafelgeschirr für Puppenstuben für lange Jahre an Bedeutung. In dieser Zeit entwickelte sich parallel zu der künstlerischen Gestaltung von Glas die Herstellung von Tier- und Puppenaugen sowie der künstlichen Menschenaugen aus Glas.

Am Ende der Seite finden Sie eine Chronik der Entwicklung von Lauscha bis zum Jahr 1924.
1832 besuchte Prof. Dr. Adelmann von der Universität Würzburg die Stadt Sonneberg und sah, dass man Puppen Glasaugen aus Lauscha einsetzte. Dies brachte ihn auf die Idee, Glasaugen für prothetische Zwecke bei Augenversehrten zu nutzen. Es gelang ihm, den geschickten Glasbläser Ludwig Müller-Uri von seiner Idee zu überzeugen und dieser begann intensiv zu experimentieren. Es muss ein schwieriges Unterfangen gewesen sein, mit den damals vorhandenen Möglichkeiten dieses neue Produkt zu entwickeln. Zum Einsatz kam Beinglas, ein relativ spröder Werkstoff und ob dabei bereits mit Blasebalg gearbeitet wurde ist nicht bekannt. Jedenfalls gelang es ihm die ersten Glasaugenprothesen im deutschsprachigen Raum herzustellen und er erreichte damit die Ablösung französischer Produkte dieser Art.

Ludwig Müller-Uri entwickelte die Iriszeichnung mit Schmelzfarben als eine vollständig neue Technik, bei der durch die individuelle Farbzeichnung eine naturgetreue Nachbildung der Iris erreicht werden konnte.

Auf Empfehlung eines Geschäftsfreunds reiste er nach Paris, um sich bei den französischen Augenkünstlern über deren Technik zu informieren. Über die Entwicklung des deutschen Kunstauges aus Glas war man dort bestens informiert und gewährte ihm keinen Einblick in das Herstellungsverfahren. Dennoch gelang es ihm herauszufinden, dass die Iris mit dünnen farbigen Glasstäben auf der Grundlage von Bleiglas gezeichnet wurde. Dieses Glas war für Augenprothesen noch schlechter geeignet als das in Lauscha gebräuchliche Beinglas.

Nach der Rückkehr von Ludwig Müller-Uri begann in Zusammenarbeit mit der Dorfglashütte eine Zeit des intensiven Forschens, um besser geeignetes Glasmaterial für die Augen zu finden. Es gelang dies dem Glasmachermeister Christian Müller-Pathle ein solches Glas zu schmelzen, das unter der Bezeichnung Kryolithglas bekannt geworden ist. Es verfügt über eine homogene Oberfläche, ist gewebeneutral und resistent gegenüber Tränenflüssigkeit. Da es sich beliebig einfärben lässt, kann die Lederhaut naturgetreu nachgebildet werden und ist für die Augenherstellung durch seine weiche und geschmeidige Verarbeitbarkeit bestens geeignet.

Mit der Einführung des Stadtgases, der Veränderung der Brenner und Weiterentwicklung des Blasebalges konnte die Formgestaltung der Augenprothesen entscheidend erweitert werden und so hat über 160 Jahre das Kunstauge aus Glas seine Bedeutung voll erhalten. Die Entwicklung der neuen Gläser hatte natürlich auch eine entscheidende Bedeutung für die Herstellung anderer Augensorten. So wurden anfänglich Puppenaugen aus dem bereits erwähnten Beinglas hergestellt und bestanden neben dem eigentlichen Glaskörper nur aus einer dunkelblauen Iris ohne weitere Zeichnung und ohne Pupille. Jetzt konnten unterschiedliche Irisfarben verwendet, mit Fadenstäben Iriszeichnungen und natürlich auch die Pupille gestaltet werden.

Wie bereits erwähnt, entwickelten sich im Bereich der Glasaugenherstellung unterschiedliche Berufe, die Tieraugenmacher, die Puppenaugenmacher, die Figurenaugenmacher und die Menschenaugenmacher. Sie alle hatten spezielle Handwerkszeuge und Hilfsmittel, die sie in den Familien neben Ihrem größten Schatz, den handwerklichen Fähigkeiten, an die Jüngeren weitergaben. Das ist bis in die heutige Zeit im Wesentlichen so geblieben. Eine spezielle Ausbildung für die Augenherstellung gibt es an der Glasfachschule in Lauscha nach wie vor nicht.

Mein Schwiegervater Fritz Greiner-Petter

war mit seinen 87 Lebensjahren einer der wenigen Zeitzeugen, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Massenproduktion von Glasaugen für Puppen miterlebt hat:

"Eigentlich wollte ich Porzellanmaler werden, doch konnten meine Eltern das Lehrgeld nicht bezahlen und ich musste der Familientradition treu bleiben. Meine Großeltern waren Figurenaugenmacher, meine Eltern Puppenaugenmacher und die Brüder meines Vaters Menschenaugenmacher. Schon ab dem 10. Lebensjahr musste ich, wie damals üblich, zum Lebensunterhalt beitragen und wurde in das schwierige Handwerk durch Großvater und Vater eingearbeitet. Von 1927-1930 erlernte ich in der Lauschaer Berufsschule den Beruf des Kunstglasbläsers und verbesserte zu Hause meine Fähigkeiten als Puppen- und Figurenaugenmacher.

Meine Eltern fertigten vorwiegend einfache Puppenaugen. Nur in ganz besonders wertvolle Puppen kamen damals schon Kristallglasaugen, auf die wir uns später spezialisierten. Zu unserem Sortiment gehörten weiterhin Lochaugen für Schelmenaugen und ovale Augen. Zusammen mit meinem Vater entwickelte ich die Herstellung von Reflexaugen zur Patentreife. Diese Puppenaugen vermitteln den Eindruck, dass Puppen mit diesen Augen den Betrachter aus jedem Blickwinkel anschauen. Leider ist diese spezielle Herstellungsart der Augen unserer Familie in den Wirren des Krieges und den nachfolgenden Jahren, in denen von uns keine Puppenaugen hergestellt wurden, verloren gegangen. Mit dem Aufschwung der Glasindustrie in den 50 ziger Jahren kehrte ich in meinen alten Beruf zurück und legte innerhalb von vier Wochen meinen Meistertitel als Kunstglasbläser und Figurenaugenmacher ab. Allerdings waren Puppenaugen zu dieser Zeit nicht mehr gefragt, da in der Spielzeugindustrie Plasteaugen ihren Siegeszug antraten, und ich deshalb Tiere und Vasen aus Glas in Heimarbeit herstellte.

Als die Mauer 1989 fiel, löste sich bald das Kombinat 'Glaskunst Lauscha' auf. Meine Tochter, Inge Kanis, und mein Schwiegersohn, Dipl. Ing. für Glas/Keramik, verloren dabei Ihre Arbeit. Wir hatten zwei Möglichkeiten, zu kapitulieren oder uns auf alte Traditionen zu besinnen und mit vereinten Kräften einen Neuanfang zu wagen.

Ein Geschäftsmann aus Franken empfahl uns die Herstellung von Puppenaugen aufzunehmen und mein Erfahrungsschatz bildete dafür natürlich eine ausgezeichnete Grundlage. Da ich der letzte Meister für die Herstellung von Puppen- und Figurenaugen bin, lernte ich neben meiner Tochter meinen Enkelsohn, seine Ehefrau und unsere Heimarbeiter an“.

Leider ist mein Schwiegervater am 07.09.1999 verstorben. Doch führen wir unseren Familienbetrieb ‘Kanis-Augen’ in seinem Sinne weiter und wir haben uns mit zur Zeit 4900 größeren und kleineren Kunden, einen Namen unter den Puppenmachern im In- und Ausland erworben. Unser Trumpf ist neben der Vielfalt des Angebotes, vor allem die hohe Qualität der traditionellen Fertigung. Spezielle Kundenwünsche in Bezug auf Iris- und Pupillengröße werden selbstverständlich berücksichtigt und Sonderanfertigungen hergestellt.
Das Material für die von uns gefertigten Augen kommt fast ausschließlich aus der Farbglashütte in Lauscha. Die in Hafenöfen geschmolzenen und von Hand hergestellten farbigen Glasstäbe und Röhren bilden die Grundlage für die Vielfalt der gefertigten Augen.
Diese traditionelle Herstellung der Ausgangsmaterialien ist übrigens auch in Schauvorführungen und zum alljährlichen Kugelmarkt am 1. und 2. Adventwochenende zu sehen.

 



Der jüngste Spross unserer Familie, unsere Tochter Tanja, war die
Glasprinzessin 1996/97 und schwang während dieser Tage das gläserne Zepter.


Der jüngste Spross unserer Familie, unsere Tochter Tanja, war die Glasprinzessin 1996/97 und schwang während dieser Tage das gläserne Zepter.




Mein Schwiegervater Fritz Greiner - Petter
im Alter von 83 Jahren bei der Arbeit.


Mein Schwiegervater Fritz Greiner-Petter im Alter von 83 Jahren bei der Arbeit.




Aus der Chronik von Lauscha 10. Jan. 1597

Chronik von Lauscha 10. Jan. 1597



Ich bedanke mich für die Hilfe bei der Erarbeitung bei den Firmen:
Augenprothetik Lauscha, Str. des Friedens 74c, 98724 Lauscha, Tel: 0367022800
Kunstglasbläsermeister Helmut Greiner - Petter, Str. des Friedens 75, 98724 Lauscha, Tel: 03670220602